Arbeit bringt Brot, Faulheit bringt Not

Text: Heike Lüters

Marktplatz im Hessenpark – Foto: Dirk Jenders

Das Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach feiert in diesem Jahr das 50-jährige Bestehen. Für den RWV Frankfurt war das der willkommene Anlass für einen Herbstausflug dorthin, zu dem sich 19 interessierte Mitglieder angemeldet hatten.

Im Hessenpark sind andernorts abgetragene Fachwerkhäuser und weitere Gebäude aus ganz Hessen wieder errichtet worden, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Derzeit kann man dort 120 Häuser, davon 40 zum Teil voll eingerichtete Wohnhäuser bewundern. Das Museum ist entsprechend der Herkunft der Gebäude in fünf Baugruppen geordnet: Mittelhessen, Nordhessen, Osthessen, Südhessen und Rhein-Main. Jede Baugruppe stellt eine für die Region typische Siedlungsform dar. In der Regel werden die aus unterschiedlichen Dörfern stammenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude so zu Hofanlagen zusammengestellt, dass der Besucher einen Eindruck von dem baulichen, sozialen und wirtschaftlichen Gefüge der jeweiligen Region erhält. 

In einer unterhaltsamen Führung mit Guide Roger Horman lernten wir ausgewählte Gebäude sowie die unterschiedlichen Siedlungsformen der hessischen Regionen näher kennen. Dabei erfuhren wir viel Interessantes über die Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren und wie sich das Dorfleben im Laufe der letzten 500 Jahre entwickelte.

Unter dem Motto Arbeit bringt Brot, Faulheit bringt Not führte uns das Museumstheater in Gestalt der historischen Figuren von Stellmacher Hermann Orth und seiner Frau Elisabeth zurück in die Vergangenheit. Nach Aufhebung der Zünfte und Einführung der Gewerbefreiheit zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist das einst angesehene und gut situierte Handwerkerehepaar plötzlich von Armut bedroht. So stürzen sie sich – ohne das Wissen des jeweils anderen – in jede erdenkliche Arbeit. Meister Hermann pflegt die Wege des Dorfes, sammelt Baumharz und verdingt sich als Totengräber. Elisabeth macht als Abtrittanbieterin auf dem Marktplatz ihr schambehaftetes Geschäft mit dem „großen und keinen Geschäft“ ihrer Mitbürger und ist daneben als Schuh- und Kleiderflickerin sowie als Amme und Hebamme tätig. Mit großer Spielfreude führten uns die beiden Schauspieler den Einfallsreichtum unserer Vorfahren vor Augen, der erforderlich war, um die eigene Existenz zu sichern. Und es gibt in diesem Spiel die Chance auf ein Happy End: Nachdem sich das Paar gegenseitig die seinerzeit nicht-standesgemäßen Erwerbstätigkeiten gebeichtet hatte, reift der Entschluss, das Dorf zu verlassen, um im großen und reichen Frankfurt sein Glück zu finden. 

Stellmacher Hermann und seine Elisabeth – Foto: Dirk Jenders

Abschließend ließ es sich auf dem Marktplatz des Museums wunderbar einkaufen, bevor ein gehaltvolles Abendessen im Gasthaus Zum Adler diesen sehenswerten Tag beschloss.